Alleine reisen ist interessant, denn man hat ja nur seinen eigenen Kopf dabei.
Also muss man alle Entscheidungen, auch und insbesonders die kleinen (Rhabarberschorle oder Apfelwein?), selber treffen. Das ist ja das Tolle am alleine reisen, dass man alles genau so machen kann, wie man es will.
Diese Freiheit genieße ich in der Theorie auch, aber in der Realität macht sie mich eher wahnsinnig — ich fange dann nämlich an, zu beobachten, wie ich Entscheidungen treffe.
Und dann ist dieser eine Kopf, den ich dabei habe, aufgefüllt mit Selbstbeobachtungen und -bewertungen, Abwägungen und Hin-und-Herdrehungen, und dem seltsam starken Drang, jetzt Das Optimale Café zu finden. Anstatt dass der Kopf mal genauer hinschaut, wie schön diese Wolkenkratzer das Licht spiegeln.
Als ich letzte Woche einen freien Tag alleine in Frankfurt hatte, habe ich irgendwann zwischendrin beschlossen: Kein Rumeiern mehr. Du überlegst kurz, triffst eine Entscheidung, gut ist.
Das klappte gut — in dem Sinn, dass ich mich daran hielt. Also geschwind überlegt, gemacht und dann nicht weiter darüber gerätselt. Ob dabei immer die „beste“ Entscheidung herauskam, bezweifle ich allerdings.
Zum Beispiel habe ich zwei Paar Birkenstocks gekauft. (Wer braucht zwei Paar Birkenstocks?) Und mein Sandwich zum Mittagessen war auch eher so naja. Aber! Das ist egal, denn er war okay essbar und vor allem: ich saß und habe gegessen, und bin nicht weitere vierzig Minuten irr-suchenden Blickes und schreienden Magens durch die Stadt getigert.
Das Wichtigste für mich war — und das kann man zufälligerweise ganz wunderbar auf fertigzustellende Websites übertragen — ich hatte den Kopf frei. Ich war da, vorhanden, lebendig, präsent, unoptimiert, alle nagenden Fragen für den Moment entschieden.
Als abends klar wurde, dass das Unwetter meine Heimfahrt unmöglich machen würde, stieg ich ziemlich unbekümmert in einen anderen Zug und fuhr spontan meine Eltern besuchen. Als am Tag drauf immer noch wenig Züge fuhren, entschied ich mich für einen Richtung München und blieb drin sitzen und flitzte nicht mit roten Wangen zwischen EC und ICE hin und her in der Hoffnung, den zu erwischen, der eher losfährt.
Nicht diejenige mit den roten Wangen sein, ja? Der Zug muss nur in die richtige Richtung fahren. Er muss nicht der Schnellste sein. Hauptsache du sitzt drin.
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