Wir sind Selbständige und Gründer:innen. Unser Tun ist quasi dadurch definiert, dass wir deutlich mehr Gestaltungsspielräume haben als die meisten Angestellten.
Du kannst entscheiden, mit welchen Kund:innen du arbeiten möchtest. Was für eine Aus- oder Weiterbildung du machst. Wie du deine Räume einrichtest. Was für einen Preis du verlangst. Ob du auf Social Media nur deine Highlights zeigst oder auch das echte Leben. Ob die Baumwolle, die du verwendest, bio-zertifiziert ist, ob die Spielzeuge, die du entwirfst, genderneutral sind. Wann du Feierabend machst, wann du dir Erholung gönnst, wann du dir Zeit für Familie und Freund:innen nimmst. Wie du dich auf deiner Website zeigst, ob du Brüche zulässt, ob du selber Perfektion benötigst.
Ich kann entscheiden, wie lange ich welches Sonderangebot anbiete. Ich kann entscheiden, wie viele Mails ich dir hintereinander schicke. Ich kann entscheiden, ob ich dir die Möglichkeit gebe, dich aus meinen Launch-Mails auszutragen und die anderen weiterhin zu erhalten. Ich kann entscheiden, wie viel Druck ich dir durch meinen Tonfall mache. Ich kann entscheiden, ob ich meine Newsletter-Abonnent:innen wie Zahlen betrachte oder wie Menschen behandle.
Ich will und werde nicht so tun, als seien das Entscheidungen, für die ich nichts kann. Für die Mails, die ich während einer Kurs-Bewerbungsphase schicke, für den gesamten Ablauf, habe ich mich natürlich bewusst entschieden.
Ich mache das nicht perfekt – weder perfekt im Sinne vom „Online-Marketing-Handbuch“, denn ich könnte bestimmt noch deutlich mehr Verkäufe „rausquetschen“, noch perfekt aus meinem eigenen kritischen Blick heraus, denn ich könnte bestimmt manchen Menschen noch etwas mehr Zeit zum Entscheiden geben, manche Sachverhalte noch differenzierter ausdrücken.
Trotzdem treffe ich meine Entscheidungen so bewusst und liebevoll und sorgfältig wie möglich.
Ich will extrem behutsam mit Druck umgehen. Klar ist das bereits ein Druck, wenn ich eine Deadline setze, weil ein Kurs irgendwann beginnt.
Aber: Ich will nicht über Druck und Angstmachen verkaufen, ich will keine Kund:innen, die sich für meinen Kurs entscheiden, weil sie panisch werden und Sorge haben, etwas zu verpassen. Ich will Kund:innen, die wissen, was sie von mir wollen und ob ich ihnen das geben kann. Ich will über Stärkung verkaufen, darüber, dass ich jemandem Mut mache, das Thema Website anzugehen.
So schreibe ich meine Werbemails, so telefoniere ich mit interessierten Menschen, die noch Fragen zum Kurs haben und rausfinden wollen, ob das etwas für sie ist.
Ich weiß, wann für mich genug ist. Natürlich ist ein Teil in mir neugierig, wüsste gerne, ob man das alles hier auf die Spitze treiben könnte. Aber es wird zu viel auf die Spitze getrieben derzeit, und ich will da nicht mitmachen.
Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Unsere Arbeit ist politisch.
Beinah jede Entscheidung, die ich in meiner Selbständigkeit treffe, hat direkt mit anderen Menschen zu tun und ist damit ein Modell dafür, in was für einer Welt ich leben will.
Denn, siehe oben: Wir haben diesen Gestaltungsspielraum. Wir gestalten unsere Arbeit so, wie wir uns die Welt wünschen. Wir als Selbständige schaffen selber Strukturen. Und genau deshalb ist unsere Arbeit politisch.
Zusammengefasst lerne ich zur Zeit immer mehr und immer wieder:
Wir können und müssen uns trauen, unsere Werte zu zeigen und sie zu verteidigen.
Wir dürfen nicht beim Aufklappen unserer Computer, beim Anlegen unserer Gelderwerbsidentität, unsere Haltung ablegen.
Wir können so arbeiten und auch online so agieren, dass wir uns immer noch wirklich in die Augen schauen können, und wir können trotzdem davon leben.
Und: Wir haben Spielräume, die wir dringend nutzen müssen.
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