Jetzt ist es tatsächlich so weit: Mein erster Gedichtband ist erschienen!
Er heißt Kommt her ihr Heinis ich will euch trösten und enthält etwas längere Gedichte und handgeschriebene Dreizeiler aus den letzten fünf Jahren.
Die Heinis erscheinen im hochroth Verlag München. Diesen Verlag liebe ich aus mehreren Gründen: Natürlich für die vielen tollen Texte, die sie veröffentlichen, aber auch für ihr Konzept. Hochroth ist nämlich ein unabhängiges, gemeinnütziges Verlagskollektiv mit Standorten in mehreren Ländern, und die einzelnen Bücher werden in den jeweiligen Standorten von Hand (!) gedruckt, gebunden und durchnummeriert.
Sehr viel Liebe also darin.
An der Buchmesse habe ich bereits daraus gelesen und hatte konzentrierte Öhrchen und freundliche Menschen um mich, was wunderbar ist.
Und gleichzeitig bringt ein Ereignis wie die Veröffentlichung des ersten Buches auch eine Menge Fragen mit sich. Fragen und Verunsicherungen und Herausforderungen, die ganz ähnlich sind wie die Fragen und Verunsicherungen und Herausforderungen die einen überkommen, wenn man gerade – vielleicht zum ersten Mal – eine eigene Website online gestellt hat.
Bei Brené Brown auch bekannt als „Vulnerability Hangover“, also Verwundbarkeitskater.
Und genau den habe ich letzte Woche ziemlich deutlich gespürt, so richtig katerig mit Kopfschmerzen und so. Deshalb hier für mich als Erinnerung und für dich als Anregung meine Gedanken zu Sichtbarkeitskatern.
Mich haben vor allem zwei Themen beschäftigt: Wie kann ich das, was ich hier erreicht habe, stimmig feiern? Und wie kann ich auf mich aufpassen in der Rohheit und Verletzlichkeit, die unweigerlich auf eine solche Öffnung folgt?
Meine erste Lesung aus dem Buch ließ mich mit einigen Fragen zurück: Wie feiert man ein Buch? Wie feiert man überhaupt einen Erfolg? Wie feiere ich einen Erfolg?
Spannend fand ich überhaupt mein Bedürfnis nach einer Feier, nach einem Kundtun meiner eigenen Freude, das hatte ich lustigerweise gar nicht richtig erwartet oder mir zugestanden. Aber genau das ist doch so wichtig: Ein Innehalten und mir von den lieben Menschen um mich bezeugen lassen, dass da jetzt etwas steht, dass ich etwas geschafft habe.
Gleichzeitig wirft das die nächsten Fragen auf: An wessen sensiblen Themen rüttele ich mit meiner Sichtbarkeit, mit meinem Erfolg?
Wer kann sich mit mir freuen und feiert mit mir diesen Schritt, ohne seine oder ihre eigenen Themen rund um Sichtbarkeit und Erfolg dabei in den Vordergrund zu stellen? Wie gehe ich damit um, wenn ich merke, dass sich jemand freuen will, es aber einfach nicht kann?
Mit wem freue ich mich, wessen Erfolge feiere ich?
Es kann weder die Lösung sein, über die Themen unserer Freund:innen hinweg unsere Freude gewaltsam zu platzieren, noch auf unsere Freude und ein Feiern unseres Erfolges zu verzichten, um andere Menschen zu schonen.
Eine neue Qualität in Freund:innen und Bekannten wird darin sichtbar: Die Fähigkeit, neidlos und voll echter Freude den Erfolg einer anderen Person zu feiern. Und die Fähigkeit, die Freude und Erleichterung nach einem eventuell schwierigen und auf jeden Fall transformativem Prozess überhaupt bei sich selber und anderen zu sehen und zu würdigen.
Und das ist etwas, was ich wiederum aus diesem Prozess lerne: Sensibler zu sein für das Feierbedürfnis anderer. Was für ein wichtiger Moment das ist, wenn man aus seiner eigenen Schale ein Stück heraus gekrochen ist.
Mein Feiermoment kam dann entkoppelt von dieser ersten Lesung, ein paar Tage später auf einer Party im Literaturinstitut, auf der ich eine solche Lust hatte zu tanzen wie schon lange nicht mehr. Und die Musik war komisch und ich eigentlich schon übermüdet, aber das machte nichts: Ich habe getanzt und war da und voller Freude.
Das ist meine Anregung für dich in den ersten Momenten mit Website. Egal ob mit anderen oder alleine, egal ob du das wörtlich nimmst oder als Bild: Höre dein Lieblingslied und tanze dazu. Erlaube dir, die Besonderheit dieses Momentes zu begreifen und zu spüren.
Und nach der Party kommt natürlich der eigentliche Kater … Wenn die Ruhe wieder einkehrt und alles in dir langsam an Ort und Stelle sinkt. Wenn du spürst: Aha – ich bin anders geworden. Etwas hat sich verschoben, etwas fühlt sich neu an.
Das ist dann der Zeitpunkt, um dir wirklich Ruhe zu geben. Um so zart mit dir zu sein wie mit einem kleinem Kind.
Um dich wieder herzustellen.
Es ist eine Verschiebung in meiner Identität, jetzt ein Buch veröffentlicht zu haben. Verschiebungen sind ultrawichtig, das ist die Bewegung, die wir suchen und die uns voran bringt.
Wir kommen da hin durch tausend kleine Schritte, von der Bereitschaft, überhaupt anzufangen bis zu der Umsetzung und all den täglichen Überlegungen und Übungen und Schritten dazwischen. Das ist kein Übernachtprozess, die gibt es eh kaum.
Genau deshalb ist der erste Moment der Sichtbarkeit ein wichtiger und besonderer, und er braucht besonderen Umgang. Wie gehst du mit dir um, wenn du dich gezeigt hast? Wenn du in der U-Bahn einen rassistischen Kommentar als solchen benannt hast, laut und deutlich Widerstand gezeigt hast und dich damit sichtbar gemacht hast? Wenn du eine Website veröffentlich hast? Wenn du einen neuen Plan gefasst und verkündet hast?
Erlaubst du dir Erholungszeit, im Kleinen oder im Großen?
Ich putze zum Beispiel oft in solchen Momente, also so ein Trödelputzen. Restoratives Aufräumen. Ich mache langsam, ultra langsam, mit meinen Terminen, mit meinem Sportprogramm, mit den Anforderungen an mich. Ich schreibe Tagebuch und telefoniere und spaziere. Ich esse viel und trinke heißen Tee und schaue ziellos aus dem Fenster und collagiere und kritzele und so weiter. Ich gebe mir Raum, damit die Veränderung, die Verschiebung in mir ankommen kann.
Und auch hier gibt es eine eindeutige Analogie zu einer neu veröffentlichten Website. Vielleicht macht es Sinn für dich, die Seite erstmal noch niemandem zu zeigen, sondern sie in dir ankommen zu lassen. Dich in Ruhe begreifen lassen, dass du jetzt Mensch mit Website bist. Dass du etwas gewagt hast.
Trödelzeit, Schreibzeit, Meditierspaziergangkuschelzeit, was immer du brauchst.
Die Bloggerin Danielle Laporte schreibt über die ersten Schritte nach einem spirituellen Durchbruch:
Expect to fall back — and be incredibly compassionate when the inevitable slip happens. (…) You’re learning how to do the new you. You’re reacclimatizing to truth and joy and power. You’ll forget for a minute that you’re more powerful than you have ever been. And you’ll dip into an old pattern or habit. You’ll get all jangled and unnerved by the shit you “thought” you just surmounted. That’s cool. You’re on track. You’re re-confirming your expansion. You may be testing yourself. You may even be trying to sabotage yourself. It’s okay, Love. Because you can step back into your new, bigger size WAY more easily than before.
Das passt auf jeden Durchbruch. Das passt für Websites, Bücher, Vorträge, gesamte Selbständigkeiten, einzelne Sätze. Und das ist es, was ich in den letzten Tagen getan habe. Platz gemacht und mir selber liebevoll alle Gefühle erlaubt, die auftauchen. Von der Erschöpfung bis zur Gereiztheit zurück zur Freude.
Etwas weiter kommt bei Danielle dann noch der unglaublich schöne Satz: Also, your new-found power is not afraid of your learning curve. It’s here to stay.
Und auch das verankere ich gerade mit Freude.
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