Kannst du Website-Texte von künstlicher Intelligenz schreiben lassen?

In diesem Artikel schreibe ich ausnahmsweise mal über ein Trend-Thema (allerdings ein wichtiges Trend-Thema, über dass wir viel über uns und unsere Beziehungen zu unseren Websites, und zum Internet insgesamt, lernen können): nämlich Roboter, die für uns Texte schreiben – auch bekannt als Artificial Intelligence (AI) oder Künstliche Intelligenz (KI), oder unter der Anwendung ChatGPT.

Was genau macht eigentlich diese Chat-Dingens-Intelligenz? Ist das nicht einfach eine bessere Suchmaschine?

Ganz grob gesagt: Nee. Suchmaschinen durchsuchen vorhandene Texte und setzen Algorithmen ein, um dir immer passendere Ergebnisse zu deiner Anfrage zu zeigen. Eine KI-Anwendung wie ChatGPT dagegen generiert komplett neue Texte. Das funktioniert dank eines LLM (Large Language Models) – das ist eine Art von Software, die programmiert ist, selbständig riesige Textmengen durchzuarbeiten und sich dabei auf mathematischer Basis anzutrainieren, welche Begriffe in welcher Reihenfolge für menschliche Leser:innen vermutlich Sinn ergeben. 

Dieses kurze Video gibt eine gute Einführung in die Materie.

Das klingt alles erstmal doll technisch und vielleicht noch weit von deinem Alltag entfernt, ist aber vermutlich näher dran an deiner Welt als du denkst. Ob wir es wollen oder nicht, wird diese Technologie in nächster Zeit (unter anderem) viele Websites, die wir lesen, verändern. Und damit die Informationen, die wir verwenden, um uns ein Bild von der Welt zu machen.

KI wird natürlich für noch viel mehr eingesetzt als für Texte, unter anderem dafür, Bilder zu generieren, dein Gesicht zu erkennen und zu speichern und dein Geschlecht zu vermuten. Hier will ich mich auf die Textanwendung konzentrieren, und schaue mit einer Mischung aus Horror und Faszination darauf.

Ich unterstütze bekanntlich hauptberuflich Menschen dabei, persönliche, echte, angenehm komische Websites zu erstellen. Nebenberuflich schreibe ich Gedichte. Alles, was ich tue, ist somit darauf ausgerichtet, mehr Menschlichkeit – und damit mehr Lyrik – auch in Gebrauchstexte zu bringen. Wenn ich Texte von einem Roboter schreiben lasse, sind sie per Definition weniger menschlich, und bei diesem Gedanken schreit erstmal ALLES in mir auf.

Dazu kommen natürlich eine endlose Anzahl weiterer moralischer und praktischer Fragen, zum Beispiel, ob die Kreativwirtschaft nun um ihre Existenz bangen muss und was sie dagegen fordert.

Und! Aber! Ich will neugierig bleiben.

Ich will weder technologiefeindlich noch blind optimistisch sein, ich bin mir nicht sicher, ob eine Entwicklungspause eine gute oder überhaupt machbare Idee ist, ich mag grundsätzlich keine binären gut/schlecht Wertungen. Wer weiß – vielleicht verstecken sich in künstlich erzeugten Texten ja Möglichkeiten? Neben einer scharfen (und berechtigten) Kritik will ich hier deshalb genauer hinschauen: Wie könnten KI-Texte uns Freude machen und unsere Prozesse vereinfachen? Können wir diese Werkzeuge für uns und unsere Zwecke nutzen?

Zuerst zur einleitenden Frage:

Kann also ein Roboter deine Website-Texte schreiben?

Ja, das ist im Prinzip inzwischen tatsächlich möglich. Es gibt eine Reihe von Werkzeugen, denen du Fragen stellst oder ein paar Stichworte eingibst und die Texte für dich generieren. Oder zumindest deine Basistexte, die du dann „nur noch“ überarbeiten musst.

Zurzeit geht das (gegen E-Mail-Adresse und Telefonnummer) noch kostenlos mit ChatGPT, dessen öffentliche Testphase aber vermutlich irgendwann enden wird. Parallel dazu gibt es kostenpflichtige deutschsprachige KI-Text-Tools wie Jasper und Neuroflash.

Die entscheidenden Fragen sind für mich allerdings eher: Was für Texte schreibt ein Roboter für dich – und was macht das mit uns, wenn Roboter Texte schreiben?

Vorweg: Ich würde das, was diese Werkzeuge machen, nicht wirklich „schreiben“ nennen. Sie generieren Texte, sie erzeugen Sätze und Absätze und Gliederungen, davon ist vieles vernünftig und liest sich als halbwegs zusammenhängender Text. Aber zum wirklichen Schreiben gehört für mich ein Fühlen und ein Denken, ein Schaffensprozess, den Computer nicht haben.

KI erzeugt diese Texte natürlich nicht aus dem Nichts, sondern „lernt“ anhand von Texten, mit denen das Programm gefüttert wird. Bei den riesigen Mengen an digitalen und digitalisierten Texten, die inzwischen zur Verfügung stehen, ist das eine ganze Menge Futter, von dem inzwischen bereits eine ganze Menge gelernt wurde.

So schreiben die Roboter: ein Beispieltext.

Um das Ganze konkreter zu machen, und weil ich selber natürlich neugierig darauf bin, habe ich den Brief, auf dem dieser Artikel basiert, testweise auch mal von einem Roboter schreiben lassen.

Ich habe dafür ChatGPT folgende Aufgabe gestellt:

Schreibe einen Newsletter für Einzelselbständige, die sich überlegen, ob sie KI für ihre Website Texte einsetzen sollen oder nicht. Schreibe in einer entspannten, zugänglichen Art und Weise. Kläre sie über mögliche Vor- und Nachteile auf. Stelle ihnen am Ende eine kreative Schreibaufgabe mit Bezug zu den vorherigen Überlegungen.

Folgenden Text hat mir das Programm dafür generiert:

Ich bin erstmal beeindruckt von diesem Text, vor allem von der Schreibaufgabe am Schluss – ich finde sie zwar schwer verständlich formuliert, aber die Grundidee, eigene Texte und KI-Texte zu vergleichen, ist ja durchaus sinnvoll.

Der Text macht genau das, worum ich gebeten hatte. Und er klingt dabei tatsächlich wie 90% der Marketingmenschies zurzeit (was nicht überraschend ist, denn das ist ja das öffentlich verfügbare Quellmaterial, an dem das Programm vermutlich lernt): fröhlich und zugänglich – und gleichzeitig bleibt er irgendwie hölzern.

Ich höre in dieser Art von Tonfall immer ein bisschen bestimmte nordamerikanische Vorbilder heraus, sie klingen nach munteren Übersetzungen, die nicht verkehrt sind, die eigentlich alles „richtig“ machen, aber denen etwas fehlt, die vielbesungene „persönliche Note“.

Solche Texte sehe ich auf einer pastellfarbenen Website vor mir, mit geschwungenen Überschriften und gut geföhnten Portraitfotos und dazwischen Bilder von makellos weißen Schreibtischen mit einem goldenen Kuli und einer kleinen Topfpflanze drauf.

Außerdem macht dieser Beispieltext ganz gut deutlich, wie KI funktioniert.

Dass sich die Programme nämlich einfach an den durchschnittlichen und am meisten behaupteten Aussagen zu einem bestimmten Thema orientieren, ohne ein Verständnis für die Realität dahinter (oder für moralische Fragen, beziehungsweise das nur so weit, wie die Programmierer:innen dem jeweiligen Tool moralische Leitplanken mitgeben).

Die in dem KI-Beispieltext genannten Vor- und Nachteile sind keineswegs umfassend oder überhaupt richtig. Zum Beispiel die Aussage, dass KI-Texte schnell erstellt werden können – ja, der erste Aufschlag ist damit schneller gemacht, als ich ihn schreiben könnte. Aber in den wenigsten Fällen wird jemand den ersten Aufschlag eines KI-Werkzeugs ohne weitere Bearbeitung übernehmen können, und in der Praxis ist es ganz oft diese Detailbearbeitung, die am meisten Zeit schluckt. Vor allem dann, wenn ich versuchen muss, einen Text wieder mehr nach mir klingen zu lassen.

Für wen sind diese von Geisterhand erzeugten Texte hilfreich?

So richtig kann ich diese Frage noch gar nicht beantworten, denn dafür ist die Technologie schlichtweg noch zu jung. Ich habe große Hoffnungen, dass künstlerisch arbeitende Menschen interessante, spielerische Experimente mit solchen KI-Texten machen (Orakel vielleicht?), und ich kann mir tatsächlich auch Situationen vorstellen, in denen diese Werkzeuge Einzelselbständigen die Website-Schreibarbeit zumindest erleichtern könnten (siehe weiter unten).

Auf jeden Fall hilfreich ist diese Art von Texterzeugung für Menschen, deren Hauptmarketingstrategie SEO ist, also Suchmaschinenoptimierung. Denn wenn das deine Hauptstrategie ist, brauchst du vor allem Texte in großen Mengen – wie diese Texte im Detail klingen und was sie ausstrahlen und wie sie schmecken ist dann für dich nicht so wichtig.

In dem Fall ist es natürlich ein Segen, wenn dir eine Maschine diese Texte zumindest in Rohform einer nach dem anderen ausspuckt. Ein Segen, für den du dann vermutlich auch locker bereit bist, die bis zu mehrere Hundert Euro Gebühren pro Monat zu zahlen (all das gilt vermutlich nur für einen Bruchteil von euch). Dann musst du „nur“ im Blick behalten, dass Suchmaschinen einen auch abstrafen, wenn sie erkennen, dass es KI-Texte sind, also hast du auch hier noch eine bestimmte Menge Feinarbeit am Text vor dir.

Was macht das mit uns, wenn immer mehr Texte von Robotern geschrieben werden?

Genau diesen Aspekt der verstärkten Suchmaschinenoptimierung werden wir alle vermutlich relativ bald in unserer eigenen Web-Nutzung bemerken. Denn diese Textschwemmen bedeuten erstmal leider nicht unbedingt bessere Suchergebnisse, sondern vor allem manipuliertere. Dazu wird mit Sicherheit noch viel mehr Spam kommen, der immer „überzeugender“ daherkommt, per Mail, in sozialen Medien aber auch in Foren und Online-Communities.

Oder, wie der italienische Programmierer Manuel Moreale hier sarkastisch bemerkt: FINALLY, we have not only people writing garbage content but also bots. (Endlich schreiben nicht nur Menschen Schrottinhalte, sondern auch noch Roboter.)

Und! Aber! Ich glaube daran, dass uns diese Entwicklung keine Angst machen muss.

Im Gegenteil: Diese sich selbst verstärkenden Robotertexte werden „echte“ Texte umso wertvoller und sichtbarer und wirksamer machen. Ich glaube daran, dass das Bedürfnis nach Texten, die schräg und echt und persönlich und widersprüchlich und komplex sind, die wirklich aus einem ganz eigenen, ganz menschlichen Blickwinkel geschrieben sind, dass dieses Bedürfnis eher zunehmen wird in Zukunft.

Ich vermute sogar, dass auf Dauer die großen Suchmaschinen darauf reagieren werden und ihre Algorithmen entsprechend trainieren, so dass sie noch mehr Wert auf Menschlichkeit, Persönlichkeit und echte Texte legen.

Was ist jetzt wichtig?

Ein paar Punkte zeichnen sich für mich jetzt schon ab, auf die wir in nächster Zeit achten können:

1 . Noch persönlicher schreiben

Jetzt ist aus meiner Sicht ein sehr sehr guter Zeitpunkt, um dir zu erlauben, wirklich deine ganz eigene Art von Texten zu schreiben. Ohne auf irgendwelche Mitbewerber:innen zu schielen, ohne dich an irgendeinem vorhandenen „Content“ zu orientieren, sondern genau die Texte und genau die Art von Website zu erstellen, die dir wirklich und ganz tief Freude macht. Die lebendig zeigt, was in dir lebendig ist.

(Dazu habe ich in diesem Brief mehr geschrieben, und einige neue Beispiele gezeigt.)

2. Robotertexte erkennen lernen

Auf der anderen Seite macht es Sinn, bei deinen Wanderungen durch das Internet ein bisschen Misstrauen in Texte einzuüben. Oder, positiv ausgedrückt, deine Textwahrnehmung zu schulen und dich immer wieder zu fragen, was einen Text menschlich und echt macht, und welche Texte entweder tatsächlich von einem Roboter stammen oder einfach nur so klingen, als hätte sie ein Roboter erzeugt.

Eine für mich überraschende Anzahl von Websites nutzt übrigens anscheinend bereits irgendeine Form von KI-erzeugten Texten:

3. Mehr Menschenverbindungen

Damit meine ich: Wenn die Suchmaschinen erstmal weniger brauchbare Hinweise liefern, werden Empfehlungen von echten Menschen wichtiger. Das gilt für die Sachen, die du suchst, genau so wie für die Sachen, die du anbietest.

Mehr Empfehlungen, mehr Mund zu Mund; weniger Anzeigen, weniger Automatismen.

4. Verantwortung für unsere Texte übernehmen

Wie oben beschrieben: KI-Texte (und vor allem die teuren Werkzeuge dafür) machen am meisten Sinn, wenn jemand stetig Textmassen benötigt. Da habe ich ganz grundsätzlich Fragen: Können diese Menschen für diese Textmassen Verantwortung übernehmen? Braucht unsere Welt mehr Informationen? Mehr generischen Text, der eigentlich vor allem etwas wiederholt, was an anderer Stelle bereits gesagt wurde? Mehr Daten, die Server zum Überhitzen bringen?

Mein Verständnis von Texten, die die Welt braucht, fühlt sich anders an. Ich schreibe für Beziehungen mit Menschen, nicht für Maschinen. Ich will dann schreiben, wenn ich etwas zu sagen habe. Wenn nicht, dann will ich nichts verschicken und nichts veröffentlichen, egal was mein Redaktionsplan oder Google dazu sagt.

Wann könntest du trotzdem diese Werkzeuge einsetzen? Wie könntest du mit KI-Texten spielen?

Und! Aber! Ich will ja offen bleiben für diese Technologie. Hier deshalb die Situationen, in denen ich mir im Moment vorstellen kann, dass diese Texte für uns nützlich sind – und bitte lasst uns gemeinsam weiter überlegen, ausprobieren und schauen, wo es sonst noch hilfreich sein könnte:

  • Als Werkzeug gegen Perfektionismus. Wenn du an deiner Seite sitzt und du dich selber blockiert fühlst, weil nichts, was du schreibst, gut genug ist – dann könnten computergenerierte Texte dir vielleicht helfen, zumindest schon mal eine solide Basis zu schaffen, die nicht dir selber entspringt, mit der du also ungehemmter und lockerer umgehen kannst.
  • Als kurzfristige Lösung. Wenn du zum Beispiel für eine Veranstaltung zu einem bestimmten Termin irgendetwas online haben musst, dann könnten KI-Texte ein guter Grundstock sein, den du dann später in Ruhe weiter bearbeitest.
  • Zur Ideenfindung. Die meisten KI-Werkzeuge können auch Ideenlisten generieren, zum Beispiel von möglichen Themen für Blogartikel oder häufig gestellten Fragen zu einem bestimmten Thema. Das könnte, je nach Thema, eine super Ergänzung für ein Brainstorming sein.

Wenn du dich dafür entscheidest, computergenerierte Texte zu veröffentlichen, macht das übrigens im Zweifel ein paar Urheberrechtsthemen auf – dazu gibt Rechtsanwalt Schwenke hier eine Einschätzung.

Meine Schreibaufgabe für diese gesamte Thematik:

(Die hoffentlich besser verständlich ist als die roboterische weiter oben!)

Wenn du das nächste Mal an einem Text sitzt, versuche mal ganz bewusst mindestens ein Element pro Absatz einzufügen, das kein Roboter so hätte schreiben können. Radikal menschliches Schreiben also. Mit Fehlern, Witzen, Wortschöpfungen, Dialektelementen, eigenen Geschichten und Anekdoten, mit Zitaten, die dich bewegt haben, mit kleinen Insidern zwischen dir und deinen Leser:innen usw …

Ich hoffe, diese Übung hilft euch bei eurer Entscheidung! Wenn ihr weitere Fragen habt oder einfach nur eure Gedanken teilen möchtet, stehe ich euch gerne zur Verfügung.

(Hi hi.)



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