Preise sind, ob wir das wollen oder nicht, relativ. Ich kenne Menschen, die zucken nicht mit der Wimper, wenn sie eine Tasse Kaffee für knappe sechs Euro kaufen, und ich kenne Menschen, die niemals mehr als einen Euro für ihren Coffee-to-go bezahlen würden.
Wie sich ein Preis anfühlt, ist immer eine Frage der Situation, der gefühlten Wertigkeit, des Budgets, der Bedürfnisse, der Erwartungen – tausend subtile Faktoren spielen hier eine Rolle.
Es gibt deshalb keinen „richtigen“ Preis.
Genau das ist der Fluch und der Segen einer Selbständigkeit: Du kannst alles festlegen. Wenn du einen überdurchschnittlich hohen Preis für deine Arbeit verlangen willst, kannst du das locker tun – du solltest dann eben nur deinen restlichen Auftritt und deine Positionierung darauf ausrichten. Wenn du lieber erstmal besonders günstig anfangen möchtest, um Sicherheit zu gewinnen, kannst du das genauso machen.
Das hier ist dein Spiel, und du bestimmst die Regeln.
Das gilt ganz besonders beim Thema Preise, das sich viel zu schnell zu einem Selbstwert-Thema auswächst, bei dem innere Stimmen ganz entsetzt fragen, was man sich da jetzt eigentlich denke, das zahlt doch kein Mensch, wer denkst du denn, wer du bist …
Dem will ich besonders deutlich entgegensetzen:
Du kannst theoretisch für deine Arbeit verlangen, was immer du möchtest – deine Marke muss es einfach nur stemmen können.
Ob jemand dir dieses Geld tatsächlich zahlt, wird von anderen Faktoren beeinflusst, das ist Strategie und Marketing und deine Texte und deine Arbeit und Weiterempfehlungen und so weiter.
Du darfst es versuchen, denn du darfst in deiner Selbständigkeit alles versuchen.
Wichtig ist vor allem, dass deine Preis-Entscheidung sich für dich gut und richtig anfühlt, und dass du somit mit Ruhe und Sicherheit deinen potentiellen Kundinnen diesen Preis nennen kannst.
Folgende Faktoren solltest du bei der Preisgestaltung genauer durchdenken, weil sie den stärksten Einfluß darauf haben, wie wohl du dich mit deinen Preisen fühlst:
Hier ist vor allem wichtig, dass deine Preise und Angebote mit der Realität deiner Wunschkunden zusammen passen.
Denn ein zeitintensives Coaching-Programm für mehrere Tausend Euro ist vielleicht nicht ganz das richtige Angebot für die alleinerziehende Künstlerin, und ein günstiger Gruppen-Workshop vielleicht nicht so passend für die karrierebewusste Managerin kurz vor dem Burn-Out. (Falls du beim Gestalten deiner Angebote Unterstützung brauchst: genau das macht das Magnetprodukt!)
Beachte dabei: Ich habe die Erfahrung gemacht, bei mir selber, bei meinen eigenen Kundinnen und in meinem Umfeld, dass besonders günstige Preise oft ein besonders schwieriges Klientel anziehen. Wer nur auf den Preis achtet, hat eventuell andere Werte und Prioritäten als du.
Und: Wenn jemand wirklich davon überzeugt ist, dass sie etwas braucht, dann findet sie immer einen Weg, es sich auch wirklich zu leisten. Immer. Und wenn sie in zwanzig Raten zahlt oder sich das Geld von ihrer Mutter leiht.
Falls du merkst, dass beim besten Willen deine Preise und dein Angebot nicht zu der Realität deiner jetzigen Wunschkunden passen: Dann solltest du eins davon oder beides anpassen. Ich würde empfehlen, mit der Anpassung der Wunschkunden zu beginnen, also zu reflektieren, wer wirklich bereit wäre, dieses Paket zu diesem Preis zu kaufen.
Bei allem Blick auf die Wunschkunden: Deine Preise müssen so realistisch berechnet sein, dass du davon leben kannst.
(Außer du musst nicht davon leben, oder du willst aus strategischen Gründen einen anderen Preis setzen – siehe dafür den nächsten Punkt.)
Diese Überlegung überspringen Gründerinnen leider erstmal ganz gern, und setzen dann einen Preis, der ihnen selbst bei voller Auslastung und ohne Urlaub kein sinnvolles Grundeinkommen generiert.
So findest du heraus, was für dich ein realistischer Preis ist (diese Berechnung ist eigentlich einen eigenen Artikel wert, aber vorab in Kürze):
1. Finde heraus, was du pro Monat zum Leben brauchst.
So richtig mit alle-Ausgaben-des-Jahres-sammeln und runterbrechen. Stell dir hier am besten drei Varianten auf: Einmal die absolute Untergrenze, in der du alles streichst, was nicht lebensnotwendig ist für dich, einmal eine Basisvariante, in der du einen für dich passablen Lebensstandard führst, und einmal eine ganz himmlische Variante, in der du dir und deiner Familie alles gönnst, was du gerne hättest.
2. Finde heraus, wie viele Stunden pro Monat du realistischerweise wirklich für Kundinnen anbieten kannst.
Nicht was du gerne arbeiten würdest, sondern das, was wirklich in der Praxis übrig bleibt. Mit Raum für Akquise, E-Mails, Buchhaltung, Steuererklärung, eigene Inhalts-Erstellung, Recherche, Fortbildung, kranke Kinder, eigene Krankheiten, Urlaube und dem gelegentlichen Schlechtwettertag, an dem einfach nichts geht.
3. Nimm deine drei Zahlen aus der ersten Frage und teile sie jeweils durch die Zahl aus der zweiten Frage.
Tadaa! Hier hast du eine Spanne, innerhalb derer sich dein Stundensatz bewegen sollte. Ob du den dann als Stundensatz angibst oder in Pauschalpakete verwurstest, bleibt völlig dir und deinem Konzept überlassen.
Du hast ein Unternehmen. Du darfst Geld verdienen. Nur wenn du nicht dauernd ausgebrannt und neben dir bist und panisch überlegst, womit du die nächste Monatsmiete bezahlst, kannst du deinen Kundinnen wirklich dienen.
Und wenn dich das noch nicht überzeugt: Es hilft deinen Wunschkunden nur sehr kurzfristig, wenn du Pupsie-Preise nimmst. Denn Wunschkunden sind ja diejenigen, die auch in zwei Jahren noch mit dir arbeiten wollen, und wenn du bis dahin aufgehört hast, haben sie nicht viel von dir.
Ebenfalls wichtig für deine Preissetzung ist deine Preisstruktur: Wie passen deine einzelnen Angebote zueinander? Wird durch deine Preise klar, wie sich deine Pakete oder Produkte zueinander verhalten?
Ein Beispiel: Mein Online-Kurs zum Bau der eigenen Website ist doppelt so teuer wie der Feinschliff zum Verbessern einer vorhandenen Website. Damit will ich deutlich machen, dass in dem Online-Kurs noch mehr Informationen gebündelt sind – und vor allem, dass du bei dem Kurs über die wöchentlichen Sprechstunden auch noch eine intensive persönliche Betreuung durch mich bekommst.
Eine weitere Möglichkeit der Abgrenzung wären verschiedene Preispunkte für unterschiedliche Level. Du könntest zum Beispiel für Anfänger, die dich erst noch kennenlernen wollen, ein günstiges Basispaket anbieten, und für alle, die schon weiter und entschlossener sind, ein Hauptprodukt, das deutlich mehr kostet.
Geld bedeutet in diesem Tauschhandel Energie.
Wenn eine zukünftige Kundin dein großes Paket kauft, und dafür richtig viel Geld ausgibt, ist sie in den Gesprächen mit dir vermutlich anders anwesend, als wenn die Stunde mit dir nur zehn Euro kosten würde.
Andersrum gilt das genauso: Wenn du dauerhaft nur zehn Euro für eine Stunde erhältst, bist du vermutlich etwas weniger präsent, als wenn du 100€ für diese Stunde erhältst.
Etwas mehr Geld zu verlangen, als du dich eigentlich damit wohl fühlst, kann den schönen Nebeneffekt haben, dass es dich ein bisschen nervös macht. Mit diesem Plus an Adrenalin bringst du eine ganz andere Energie und Wertigkeit in deine Arbeit – und davon profitieren deine Kundinnen natürlich.
(Der Preis sollte natürlich nicht so hoch sein, dass du vor lauter zitternden Fingern kaum deiner Kundin die Tür aufmachen kannst.)
Dieser Punkt knüpft an die oben angedeuteten Faktoren an: Wie gut kommunizierst du, dass du diesen Preis wert bist? Wie sehr strahlst du aus, dass du das wert bist?
Hier spielen deine Website-Texte und die Gestaltung deiner Seite natürlich eine starke Rolle, und speziell die Frage, wie greifbar du deinen interessierten Besuchern den Nutzen deiner Arbeit vermitteln kannst. Verstehen sie klar und deutlich, wie du ihnen hilfst oder was du ihnen gibst? Kannst du den Wert deines Angebots in konkrete Werte wie mehr Zeit, Geld, Gesundheit, Zufriedenheit übersetzen? Kannst du ihnen lebendig skizzieren, was die Alternativen sind – was sie also alles an Zeit, Geld und Energie investieren müssten, wenn sie nicht mit dir arbeiten?
Wenn du über einen besonders günstigen Preis Kunden anziehen möchtest, ist die Fragestellung hier natürlich eine etwas andere. Dann solltest du dich fragen, wie gut dein Design und deine Texte vermitteln, dass du die günstigste Anbieterin bist, und darauf achten, dass du nicht zum Beispiel über eine etwas edlere Gestaltung plötzlich gemischte Signale sendest. Gemischte Signale führen nämlich zu Verwirrung auf der Betrachterseite, und das ist das Letzte, was du möchtest!
Eventuell ist es relevant für dich, wie sich deine Preise zu deiner Umgebung verhalten.
Das kann zum einen deine Branche sein: Als Kunsttherapeutin bist du vielleicht etwas eingeschränkter als eine IT-Spezialistin oder Unternehmensberaterin, die je nach Spezialisierung manchmal gebucht werden, ohne dass der Preis überhaupt angeschaut wird. So ungerecht das auch ist – und so wenig musst du dich daran halten! Siehe oben: Das hier ist dein Spiel, du machst die Regeln und du findest heraus, was für dich gilt.
Zum anderen kann das die örtliche Umgebung sein: Wenn ich nur lokal arbeiten würde, müsste ich in Leipzig vermutlich etwas andere Preise setzen als in München. Wobei auch das nicht in Stein gemeißelt ist, und ich würde mich vorsichtig herantasten, um heraus zu finden, ob dieses Annahmen überhaupt stimmen.
Ich habe es oben schon angedeutet: Manchmal leuchten einem im Kopf zwar alle Argumente ein, aber der Bauch ist trotzdem noch nicht so weit. Das verstehe ich völlig, und das ist völlig normal!
Dann empfehle ich: Taste dich langsam vor und achte dabei auf deinen Bauch – irgendeinen Grund wird er haben, so zu grummeln.
Stell dir eine Leiter vor, und die Sprosse, auf der du stehst, ist dein jetziger Preis. Jede Sprosse höher entspricht fünf oder zehn Euro mehr. Wie hoch kannst du steigen, ohne dass dir schwindlig wird?
Und, mein nicht-geheimer-Geheimtipp: Arbeite zuerst ein paar Runden mit Beta-Kunden. Mit ihnen vereinbarst du einen besonders günstigen Preis – aber dafür geben sie dir Feedback zu deiner Arbeit. Das kann Sicherheit und Klarheit geben, und das benötigte bisschen Kraft für die nächste Leitersprosse.
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